19 Uhr ins Bett, 2 Uhr aufgestanden, das macht 7 Stunden erholsamen Schlaf. So forderten es Körper und Geist, so erlaubten es die Umstände (bis Samstag ist arbeitsfrei; ich hasse Termine gleich welcher Art).
Mittlerweile habe ich in meinem Leben genug Tage und Nächte erlebt – durchlebt -, um aus fundierter Erfahrung sagen zu können, dass es keine Regelmäßigkeit des Schlaf-Wachrhythmus über die gesamte Daseinsspanne gibt, sondern dass es immer nur einzelne Phasen sind, die eine Regelmäßigkeit in dieser Hinsicht bedingen. Es stehen pro Tag 24 Stunden zur Verfügung, 6 bis 8 Stunden durchgehender Schlaf als Regeneration werden medizinisch als optimal empfohlen. Das kann ich unterschreiben. Doch wie diese zusammenhängende Zeit für die Erholung organisiert wird, das ist individuell verschieden. Dabei bin ich sogar unsicher, ob wirklich lebenslang nur eine zusammenhängende Schlafphase gesund ist oder ob die 6 bis 8 Stunden nicht genauso gesund wären, wenn sie in den 24 Stunden aufgeteilt werden. Was ich meine: Es gibt hier bestimmt Unterschiede zwischen einem 30-jährigen Menschen und einem 70-jährigen, zwischen jenen Zeitgenossen, die über das gesunde Maß hinaus täglich schwer arbeiten und jenen mit körperlich und geistig kaum anstrengender Tätigkeit.
Da bin ich bei den Umständen angelangt. Innerhalb der 24 Stunden sind in der Regel 8 Stunden Arbeit bereits zu festen Zeiten eingeplant. Körper und Geist haben also nur noch 16 Stunden des Tages die Möglichkeit, selber zu entscheiden, wann es Zeit zur Regeneration ist. Familienleben und Termine grenzen diese 16 Stunden noch weiter ein, so dass am Ende allein die Nacht als Erholungsphase übrig bleibt. Dabei wird keine Rücksicht auf die Jahreszeiten genommen oder auf den individuellen Biorhythmus, den eigenen Stoffwechsel und so weiter. Mitunter beginnt eine Phase der Kreativität erst am Abend, die Schaffenskraft kann in der Nacht besonders stark sein oder die Müdigkeit bricht sich am Tage Bahn, so dass selbst ein starker Mensch während seiner Arbeitszeit nur schwach und unaufmerksam zu Fehlern neigt. Andersherum zwingt gerade dieser müde Zeitgenosse sich nachts zum Schlaf, was ihm natürlich kaum gelingt, da er gerade dann voller Esprit ist und sich die ausgefeiltesten Gedanken macht, sein Gehirn ihn also zu Höchstleistungen drängt, was wiederum dazu führt, dass dieser Mensch am Tage mangels Schlaf immer weniger Leistung abzurufen in der Lage ist. Ein Rattenschwanz, der am Ende krank macht und das gesamte Organisations-Konstrukt des Lebens zum Einsturz bringen kann. Und das alles nur, weil nicht auf die innere Uhr, auf die Befindlichkeiten von Körper und Geist geachtet wird.
Auch ist es so, dass sich Phasen einer Regelmäßigkeit im Laufe des Jahres sowie im Laufe des Lebens ändern. Die Biologie sagt nichts über Uhrzeiten, es gibt kein Chromosom mit einem Uhrzeiger, kein Terminplaner ist dem Herz-Kreislaufsystem bekannt und an das Märchen, die Evolution habe das Leben für die Helligkeit des Tages geschaffen, die Nacht hingegen sei zum Schlaf gemacht, glaubt auch nur die Maus – immerhin dankenswerterweise für die über diese Idee schmunzelnde Katze oder die Eule.
Inneres Ich: „Aber wie willst du denn anders leben in einer Familie, in einer Gesellschaft oder in der Arbeitswelt? Es braucht nun mal die Organisation, an die sich alle oder die meisten halten.”
Richtig. Es widerspricht eigentlich nicht meinen Gedanken. Ich sag ja, Lebensphasen verändern sich. Um sich das bildlich besser vorstellen zu können, behaupte ich mal (was aber nur als ein gedankliches Gebilde gilt) alle 20 Jahre: Du bist 20 Jahre lang jung, bist neu auf dieser Welt, dein Körper und Geist richten sich in dieser Zeit erst mal biochemisch ein. Alles läuft gewissermaßen durcheinander, muss sich und seine Regelmäßigkeit erst finden. Dann hast du 20 Jahre lang eine Familie. Deine Aufgabe besteht körperlich und geistig in der Aufzucht der Nachkommen. Das geschieht ja meistens sogar automatisch, so lange du die eigene Biologie nicht aus kulturellen Gründen oder aus einer Geistesverwirrtheit heraus bekämpfst. Nach dieser Phase gleitest du beinahe unbemerkt in die Phase der Großelternschaft hinein, die ebenfalls bestimmte Aufgaben von dir erfordert, doch schon deutlich weniger. Von einem Aktivisten wirst du zum Unterstützer. Danach folgt die letzte Phase des Lebens, in der du zum Zuschauer wirst. Im gleichen Maße wie diese Lebensphasen sich verändern, ändert sich auch dein Biorhythmus und das Schlaf-Wach-Bedürfnis. Es gehört alles zusammen, alles hat seine eigene Zeit.
Dass unsere Gesellschaft sich solchen Gegebenheiten entgegenstellt, ist eine ganz andere Geschichte. Einem Staat bzw. dessen Vertreter geht es nur darum, so viel und so lange wie möglich seine Bürger auszupressen, um von ihrem Geld so angenehm wie möglich selber zu leben. Einer Religion geht es als Vorläufer des modernen Staates ebenfalls nur darum. Wenigstens verspricht die Religion noch ein Paradies als Belohnung für all deine Mühen. Die Grünen oder Friedrich Merz und Konsorten versprechen zwar kein Paradies mehr für dich persönlich, doch immerhin eine schöne und gute Welt für deine Nachkommen in X-ter Generation. Was ich sagen möchte: Eigentlich sind es Gesellschaftssysteme mit ihren Erwartungen und Anforderungen, die dir letztlich wie an einem Fließband kleine Rollen zuweisen, in denen du nur ganz bestimmte Handgriffe zu tätigen hast, die das gesamte Konstrukt am Laufen halten und die die Köpfe (vom Abteilungsleiter bis hin zum König) daran bzw. dadurch profitieren lassen. Aber im Gegensatz zu einem Kommunisten, einem Anarchisten oder einem Revolutionär behaupte ich nicht, dass diese Gesellschaftsstrukturen menschengemacht sind, sondern dass sie wie bei einem Rudel Tiere letztlich biologisch begründet sind. Das heißt, wir können sie gar nicht ändern. Jeder Versuch würde zwangsläufig in ähnliche Strukturen führen. Die einzige Möglichkeit besteht, so glaube ich zumindest, in der individuellen Befreiung von den Zwängen – entweder durch das erfolgreiche Emporsteigen auf der Karriereleiter oder durch das Finden von Nischen – in beiden Fällen aber eine Befreiung nicht von allen, sondern nur von den für dich in deiner Phase wichtigsten Zwängen, z.B., um auf den Anfang des heutigen Eintrags zurückzukommen, die Gegebenheiten dem Schlaf-Wach-Rythmus der Gesundheit wegen anzupassen und nicht umgekehrt, den Rhythmus den Gegebenheiten unterzuordnen.
Tja, da staunste, nicht wahr? Was man sich doch nachts im topfiten Zustand so für krude Gedanken machen kann. Jedenfalls wünsche ich dir heute einen ausgeruhten Tag und für Körper und Geist ein möglichst frohes Schaffen.