Ach, es war ja gestern „Tag der deutschen Einheit”. Sagenhaft, denn der Feiertag war unbemerkt an mir vorübergezogen. Kann passieren: Morgens von der Arbeit nach Hause gekommen, ab ins Bettchen, nachmittags erst wieder aufgestanden, Kühl- und Gefrierschrank voll, kein Fuß vor die Tür gesetzt, abends eine Serie zum Teil geschaut („Ich bin Dagobert” = abgebrochen, ist schrottig) und schwups, der Tag war um.
In einem Land mit gespaltener Bevölkerung ist diese Namensgebung sowieso irreführend. Der Tag ist zwar wichtig, da er an das Ende der staatlichen Spaltung erinnert, aber ihr Ende führte nicht zu einer gesellschaftlichen Einheit. Ganz und gar nicht und bis heute nicht. Wenn die Meinungsfreiheit immer mehr eingeschränkt wird und die Regierung offenkundig gegen die Interessen der eigenen Bürger handelt, wenn sie von Jahr zu Jahr autoritärer auftritt, wenn es keinen sachlichen Journalismus im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und in den Hauptmedien mehr gibt, sondern nur noch ideologisches Geschwafel tagein, tagaus die Augen und Ohren quält, wenn die Cancel-Kultur bis tief hinein in den Alltag der Menschen reicht, wenn man sich vor lauter Verboten und Geboten kaum noch frei in seinen Handlungen bewegen kann, wenn für alles und jedes Meldestellen zum Zwecke der Denunziation eingerichtet werden, wenn man an jeder Ecke für die Beschreibung der Wirklichkeit als Nazi verschrien wird, wenn der kleinste öffentliche Scherz gegen die Regierung zur Geldstrafe führt, wenn man beim öffentlichen Eintreten für die falsche Partei zum Dank, Konto, Wohnung und Arbeitsplatz gekündigt bekommt – ja dann ist’s um die Einheit längst geschehen.
Tatsächlich hat sich jeder Tag zum Tag der deutschen Gräben entwickelt. Von daher ist das unbemerkte Vorüberrauschen des 3. Oktobers auch kein Verlust für meine Wenigkeit. Der Tag, an dem die Ampel-Regierung weg ist, wird zu meinem Feiertag der deutschen Einheit. Und der Tag, an dem der Zwang zur Zahlung der Rundfunkgebühr wegfällt, wird für mich zum Tag der Befreiung.