Filmkritik: “Die Verlegerin”

Letzten Abend hatte ich mir im Fernsehsessel “Die Verlegerin” angesehen. Nun ja, was sollte ich kleiner Georg nun zu einem Film sagen, der bereits heute als Oskarpreisträger im Grunde fest steht – allein schon die Reihe der Prominenz, die den Film gedreht hat, ist ein Garant fürs Überschütten von allerlei Auszeichnungen. Hinzu kommt das Thema: die freie Presse als leuchtende Fackel der Demokratie, die edel nur den Menschen und der Wahrheit dient. Himmel!
Es ist der verklärte Blick in eine Vergangenheit, wie wir ihn bei alten Menschen oft beobachten: “Früher, als die Welt noch in Ordnung war, als wir Helden waren, als wir die Pressefreiheit gerettet hatten … vor dem bösen Nixon”, und da merkt der politisch interessierte Zuschauer bereits auf: weshalb gerade jetzt ein solcher Film? Es lautet nämlich die eigentliche Aussage dieser Alt-Herren-Mit-Dame-Runde: Nixon = Trump und Trump = Nixon.
“Die Verlegerin” ist ein Abgesang auf eine alte Welt, gespielt und inszeniert von beinahe senilen Millionären. Bereits die Eingangsszene verrät all den Kitsch, den wir auch später beim vermeintlichen Einblick ins Verlagshaus präsentiert bekommen, indem zum Song “Green River” von CCR jene kultigen Bilder eines Vietnamkriegs gezeigt werden, die ich als Pop-Art bezeichnen möchte, die aber mit Krieg rein gar nichts zu tun haben. “Apocalypse Now” und Hubschrauber-Geschrabbel. Das soll wohl das Lebensgefühl der “68er Generation” widerspiegeln. Seit Jahrzehnten dieselben Szenen, wie peinlich im Jahre 2018.

“Die Zeit” schreibt von einer “brillanten Charakterstudie” die Maryl Streep abliefert – was bitteschön? Ihr Schauspiel hat nun definitiv nichts mit einer Charakterstudie zu tun, da gibt es andere Filme, andere Schauspielrinnen und Schauspieler, die wirklich gefordert werden, Maryl Streep bewegt sich so routiniert wie eh und je. Ihrer Mimik sind weder Zweifel noch überhaupt seelisch tiefere Emotionen anzusehen. Zumindest ich erkenne sie nicht, und ihr gutes aber normales Schauspiel ist nicht automatisch brillant, sondern schlicht und ergreifend eben normal und gut, was man von einer Darstellerin auch erwarten darf.

Tom Hanks als zynischer Zeitungs-Chef spielt mehr oder weniger sich selbst. Aus dem Klischee-Bilderbuch runden Negativ-Gestalten für die knochigen Konservativen jener Zeit als Unsympathen das Gesamtbild ab und natürlich der Teufel in Menschengestalt, Richard Nixon, darf nicht fehlen; von ihm werden zwei, drei fiese Sätze rezitiert, die wir als Zuschauer hinter den Gardinen des Weißen Hauses aus seinen Telefonaten – na, was wohl? – genau, abhören dürfen. OMG!

Es ist schon eigenartig: je länger eine Epoche zu Ende ist, desto verklärter wird sie von den noch Lebenden kitschig weichgezeichnet oder sie dient als Mittel zum gesellschaftspolitischen Zweck einer Zeigefinger-Pädagogik, und manchmal, so wie in “Die Verlegerin”, ist es sogar beides.

Trotzdem möchte ich dir den Film ans Herz legen. Schau dir an, wie Hollywoods Prominenz heute politische Filme dreht, es ist ein Lehrstück der Belanglosigkeit, Ignoranz und der Durchsichtigkeit – während rings herum die Armen immer ärmer werden, die Welt schier aus ihren Fugen gerät, beweihräuchern sich die alten ausschließlich weißen Reichen als die einzigen und wahren Hüter demokratischer Werte und besaufen sich an ihrer Liberalität in einen Rausch aus purer Arroganz.

Ach, Thema politischer Film, Freiheit, 1970er Jahre, die Rolle der Presse – gab es da nicht einen wahrhaftig ausgezeichneten Film, der die Maske der Presse herunter reißt und die Verlogenheit dahinter offenbart? Und der im Gegensatz zu Spielbergs Rache-Antwort auf Trump heute so aktuell wie damals ist? “Die verlorene Ehre der Katharina Blum“. Buch und Film eine völlig andere Liga. Das ist wirklich brillant, liebe Zeit-Redaktion.

Blick aus der Tonne

Gestern radelte ich noch mehrere Kilometer zu Edeka. Unter anderem 10 Tüten ChipsFrisch kaufen, die 175-Gramm-Kalorienbomben. Als geneigter Leser (-in) ahntst du vielleicht schon, warum ich das gemacht habe.

Bis zu meinen nächsten Dienstnächten, die ab Montag beginnen und versprechen ausgesprochen kalt zu werden, werde ich besorgungstechnisch für Ernährungsfragen aller Art nicht mehr meine heiligen Hallen verlassen müssen und es somit John Lennon und Joko Ono bei ihrem legendären Amsterdamer “Bed In” gleichtun. Schreibend lade ich dich justamente ein zu einem virtuellen Blog-Besuch im Schafanzug und ungewaschen: heute, morgen, übermorgen sowie Sonntag. Herrlich, sag ich dir, einfach nur wunderbar.
Elli in ihrem Hundehimmel lächelt freundlich auf mich herab, denn diese temporäre Daseinsweise entspricht gebührend ihrem ehemals geliebten Lebensstil. Wie Diogenes von Sinope werde ich dich in archaischer Fasson an meinem neuronalen Netzwerk beteiligen und dich mit allerhand aufblitzenden Weisheiten beglücken oder auch nicht, schaun wir mal. Beginnen möchte ich mit einer warmen Empfehlung der TV-Serie “Black Spot” (ich finde leider keine nützlicheren Infos zum Verlinken).
Wie vorgestern bereits angedeutet, diese Serie erhält von mir 10 von 10 möglichen Qualitätssternchen. Sie sprudelt nur so vor hintergründigem sarkastischem Humor, der allein in Nebensätzen oder durch beiläufige Bemerkungen der Akteure zu Spontanbelustigungen beim Zuschauen führt. Im Trend des mystischen Gedöns moderner immer gleicher Serien wird hier eine Krimiserie geboten, die an einen Western erinnert, einen aus Frankreich, gespielt in der heutigen Zeit. Man braucht ein paar Folgen, um zu erkennen, dass hier nichts wirklich ernst gemeint ist und dass die Filmemacher, die Drehbuchautoren, die Schauspieler, die fürs Set Verantwortlichen, die Maskenbildner, Requisiteure und last but not least die Filmmusiker ihre grotesken Fantasien mit einem Heidenspaß umsetzen. Die Synchronisation ist – obwohl ich das französische Original mangels Sprachkenntnis nicht beurteilen kann – wunderbar gelungen. Nur ein Beispiel: eine entstellte Leiche wird von der Gerichtsmedizinerin trocken per Nebensatz mit einem Bild von Picasso (Kubismus) vergleichen, sinngemäß: die Augen finden sich irgendwo im Mund wieder. Das ist schon ungemein komisch. In dieser Art und Weise sprühen eben eher beiläufig die sarkastischen Funken und immerzu unerwartet. Die Musik erinnert in ihrem Spannungsbögen oft ans klassische Hollywood und natürlich an Hitchcock. Zu viel möchte ich aber nicht verraten und freue mich auf die angekündigte 2. Staffel vielleicht noch in diesem Jahr.
So, und nun verabschiede ich mich von der Tastatur und lege mich für ein weiteres Nickerchen wieder ins Bettchen, um danach am selben Ort bis weit nach Mittag die Akkus meines E-Readers zu malträtieren. Was ich dann mache, weiß ich noch nicht, auf jeden Fall wird es eine inhäusige Tätigkeit sein, vielleicht reaktiviere und wickle ich mal ein paar alte Verdampfer, “Vorkriegsmodelle”, nur so, just for fun.
Einen angenehmen Donnerstag wünsche ich dir, bis morgen in diesem Theater.

Nachtrag: Natürlich (!) verleibe ich mir in 4 Tagen nicht 10 Tüten Chips ein. Das ist nur fürs gute Gefühl: “wat man da hat, dat hat man da”.