Neulich sagte mir jemand, dass einige Links zu meinen Webseiten nicht funktionieren und ins Leere laufen oder dass sie als unsicher gebrandmarkt werden und man regelrecht Angst vor ihnen bekäme. Ganz vorne betreibt der Google-Browser “Chrome” dieses neue Geschäftsmodell, denn er schließt standardmäßig alle Webseiten aus, die nicht dem “neuen” Protokoll der SSL-Verschlüsselung nachkommen. Gemeint ist hiermit der Unterschied von http zu https. Diese Verschlüsselung mag für manche Webseiten geboten sein, etwa fürs Online-Banking, für Shops oder für solche Projekte, auf denen eine Kommunikation mit sensiblen Daten stattfinden. Als Schutz für unbedarfte User sperrt Chrome vorsorglich alle Seiten ohne SSL-Verschlüsselung.
Findet wie bei meinen Webseiten aber gar keine Kommunikation statt, fällt dieses Argument für ein betreutes Surfen wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Die betreffenden Webseiten gehören zu den sichersten Seiten des gesamten Internets, denn auf ihnen wird nur ein Bild mit Text gezeigt, nicht mal ein Kommentar ist dort möglich, aber sie werden dennoch ausgesperrt oder es wird vor ihnen gewarnt. Wie kann das sein?
Nun, zum einen ist der Sicherheitsgedanke der Browser-Hersteller natürlich nicht der entscheidende Grund fürs Forcieren des https-Standards, sondern das Mitlesen und die Datenübermittlung an Google sind der wahre Grund. Daneben tut sich ein ungeahnter Markt auf, denn jeder Webseitenbetreiber kann seine Seite lizenzieren lassen. Bei meinen von “United Domains” gehosteten Domains bedeutet das beispielsweise 3 Euro pro Monat und Domain, die ich bezahlen soll, damit diese Seiten ohne Warnhinweise aufgerufen werden können. Bei 10 Domains wären es schon 30 Euro pro Monat. Das ist so ziemlich dasselbe wie beim CO2-Handel: die Webseite macht analog zur Firma nichts anderes als vorher auch, doch mit einer zusätzlichen Lizenzgebühr “darf” sie das, ohne Gebühr darf sie es nicht. Wie gesagt, technisch identisch, keine Veränderung.
Die großen Browser-Hersteller bieten ihre Produkte nicht zum Wohle der Allgemeinheit an, sondern sie betreiben knallharte Geschäftsinteressen. Da immer mehr Menschen sich im Internet aufhalten, gleichzeitig aber auch immer weniger wissen, wie und warum dort etwas funktioniert, erschaffen diese großen Browser-Hersteller auf lange Sicht ihr eigenes Internet, das sich vom ehemals freien Internet loslöst. So ähnlich wie das auch die sozialen Netzwerke versuchen: manche ahnungslose User wundern sich darüber, dass es außerhalb dieser Netzwerke noch ein anderes, ein freies Internet gibt.
Beispiel gefällig? Je nach verwendetem Browser funktioniert der folgende Link nur mit Warnhinweis oder gar nicht. Teste mal:
Warnhinweis bei Chrome als “nicht sicher”: Radio-Utopia
Unerreichbar, wenn du bei Chrome nur “www.radio-utopia.de” eintippst, da Chrome standardmäßig dem “www” ein “https” voranstellt. Dann sieht es so aus: Radio-Utopia.
Bisher ist alleine Chrome so resolut. Alle anderen Browser benutzen als Standard das http-Protokoll, also ohne das “s”. Die betreffenden Webseiten werden mit einem kleinen Vermerk versehen (das geöffnete Schloss-Symbol in der Browserzeile). Was sich hier durchsetzen wird, ist gegenwärtig angesichts einer weltweiten Verbreitung von noch 75 % aller Webseiten ohne https-Verschlüsselung fraglich, wahrscheinlich werden es aber langfristig die kommerziellen Interessen sein, insbesondere da Google es sich leisten kann, zwangsweise diese Technik zu forcieren.
Du wunderst dich, dass einige meiner Webseiten dennoch auch mit SSL-Verschlüsselung funktionieren? Das liegt am Hoster. Viele Dienstleister geben die SSL-Lizenz in ihren Verträgen den Kunden gratis hinzu, bei anderen, die vornehmlich zum Parken einer Domain gedacht sind, muss man diese Lizenz separat erwerben. Am Ende wird es so sein, dass der Preis für die Lizenz automatisch in den Kosten für eine Domain enthalten ist und der Kunde (der Domain-Käufer) gar nicht mehr weiß, wie sich der Preis im Einzelnen gestaltet. Und da wären wir wieder beim CO2-Handel angelangt: alles wird ein klein wenig teurer aber den Lizenzvergebern spült es ordentlich Geld in die Kassen. Abermilliarden Euro – Geld für nichts.