Streitgespräch

Für heute gabꞌs schon genug Plarerei. Plarerei? Tatsächlich habe ich vorhin erfolglos nach diesem Begriff gegoogelt. Nichts, es gibt ihn nicht, auch nicht in diversen Mundart-Lexika. Dabei benutze ich ihn seit meiner Kindheit. Er vereinigt den Begriff der Plackerei mit dem der Kramerei. In gewisser Hinsicht wäre das Synonym ein angestrengtes Wühlen oder Räumen. Das Jahr ist nämlich um und ich habe meine Wäsche sortiert, gefaltet und eingeräumt. In was geräumt, wenn gar kein Platz vorhanden ist? Hineingequetscht in Schubladen und Schrankfächer, schnell anschließend die Türen zu, denn nach einem nochmaligen Öffnen purzelt die Hälfte wieder heaus. Aber so lange sie geschlossen bleiben, siehtꞌs von außen recht ordentlich aus.

Dann wollte ich die Müllcontainer den Feldweg entlang zur Straße karren, hatte die Schuhe schon an, da kam eine SMS: “Nicht den Müll rausbringen! Ich komme nachher und mach die Tonnen noch voll”.

Inneres Ich: “Den Müll nicht rauszubringen ist doch nicht anstrengend oder überhaupt erwähnenswert.”

Da nimmt es aber wieder jemand ganz genau. Richtig, es ist nicht erwähnenswert. Weshalb ich auf deinen Kommentar auch nicht weiter eingehen werde.

Inneres Ich: “Aber du hast doch mit dem Thema begonnen! Du hast Unerwähnenswertes erwähnt, nicht ich”.

Und du hörst mit dem Unerwähnenswerten scheinbar nicht mehr auf. Ich lass mich aber von dir nicht provozieren. Niemand möchte über Nichterledigtes informiert werden.

Inneres ich: “Ach? Und wer informierte in diesem Tagebuch die Leserinnen und Leser gerade eben erst über deine Nichterledigung?”

Die ist aber nicht erwähnenswert.

Inneres Ich: “Warum erwähnst du sie denn?”

Mache ich ja nicht, du hörst einfach nicht auf, danach zu fragen.

Inneres Ich: “Wie passt dann die ꞌPlarereiꞌ mit dem Nicht-Getanen zusammen? Ist das Nicht-Tun wirklich so anstrengend?”

Strümpfe sortieren und im Hinterkopf behalten, dass anschließend der Müll noch raus muss, das ist seelisch anstrengend.

Inneres Ich: “Aber du hast den Müll doch gar nicht rausgefahren.”

Was ich zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht wusste. Ich befand mich also innerhalb einer potentiellen Anstrengungsphase.

Inneres Ich: “Du bringst den Müll demnach am Abend raus. Ist das jetzt nicht auch zu anstrengend für die königliche Hoheit deiner Person? Für den altersschwachen Prinzen auf der Erbse sozusagen?”

Genau. Deswegen schrieb ich einleitend ja auch “Für heute gabꞌs genug Plarerei”. Das impliziert das Ende vom Weiterschreiben eines heutigen Eintrags.

Inneres Ich: “Also hast du aufgrund nichterledigter Pflichten zu viel am Hut, um etwas Vernünftiges hier zu virtuellem Papier zu bringen? Verstehe ich das richtig?”

Was heißt denn “nichterledigter Pflichten”? Den Müll karre ich nachher an die Straße, diese Arbeit steht mir noch bevor. Und das Bevorstehende stresst mich jetzt.

Inneres Ich: “Oh, es stresst ihn. Was sollen da die Leute denken? Vor lauter bevorstehender Pflichten wäre es heute eine wortkarge, um nicht zu sagen, eine stille Welt im Internet, so sich denn jeder ein Beispiel an deinem Tun und Nichttun nehmen würde.”

Ich bin aber als Vorbild ungeeignet.

Inneres Ich: “Weil du bereits zu jammern beginnst, wenn du noch gar nichts getan hast.”

Ich habe nicht gejammert! Und ich habe etwas Unangenehmes getan! Nämlich die Wäsche sortiert!

Inneres Ich: “Das ist schlimm so ganz ohne Butler oder Diener, nicht wahr?”

So ist es. Da sind wir uns wenigstens ein Mal einig.