Nach zwei Jahren erfuhr ich durch Zufall heute vom Tod einer Weggefährtin. Wir waren mal zusammen, lebten eine kurze Zeit mit ihren Töchtern hier im Haus aber trennten uns wieder – und jetzt kommt’s: im Guten. Ohne irgendein böses Wort. Danach haben wir einmal pro Jahr mindestens vier, fünf Stunden lang telefoniert, meist nachts, und uns gegenseitig über unsere Leben auf dem Laufenden gehalten. Uns verband die tiefe innige Freundschaft zweier verwandter Seelen.
Es ist ja so: wenn sich jemand weniger oder eine Zeitlang gar nicht meldet, denkt man immer, ihm oder ihr würde es gut gehen. Ich sehe dann davon ab, mich in Erinnerung zu bringen und harre geduldig aus. So wartete ich ihren Telefonabruf ab – und die Zeit flog dahin. Heute erfuhr ich dann aus dem Internet (!), dass G schon zwei Jahre tot ist. Unfassbar! Niemand ihrer Familie hatte in diesen Jahren etwas gesagt. G hat unsere Verbundenheit geheim gehalten, was auch völlig in Ordnung ist. Ich erwähne diese Begleitumstände nur deshalb, um den Schlag, der mich vor ein paar Stunden traf, zu verdeutlichen. Ich bin wirklich getroffen, betroffen.
G war für mich eine der wichtigsten Menschen in meinem Leben. Bei allem, was ich tat oder das mir widerfuhr wusste ich, dass ich sie jederzeit hätte anrufen können. Allein diese Gewissheit gab mir immer Kraft und Halt. Es ist schade, dass ich ihr nicht beistehen konnte, aber ich respektiere ihren Wunsch, den letzten Schritt im Stillen gehen zu wollen. Ich würde es genauso machen und werde es hoffentlich auch so tun können.
Da ich diesen Eintrag anonym halte, kann ich leider keines ihrer Gedichte wiedergeben, die sie während unserer Zeit als gemeinsame Betreiber der Literaturplattform „THYLA” geschrieben hatte. Sie war eine große Freundin der Ureinwohner der USA – und wie eine Feder im Wind will sie nun endlich vollkommen frei sein. Nichts soll sie mehr auf den Boden festhalten. Sie hat mehr als genug für andere gelebt, nun überlasse auch ich sie den Winden. Es dauert nicht mehr allzu lange, dann werde ich ihren Flug ein Stück weit begleiten. Wieder etwas, das mir die Furcht nimmt, auf das ich mich sogar freue.