Filmtipp: „Der Passfälscher“

Vorhin gesehen, „Der Passfälscher”. Ein gelungener, absolut sehenswerter eher kleiner Film. Nicht elendig schuldaufbürdend wie typische andere deutsche Filme, die zur Zeit der Nazis spielen. Ich meine, die meisten dieser Filme bedienen sich billiger Stereotypen: Nazis sind dumme und brutale Menschen, an deren Aussehen man bereits das Böse erkennt, sie benehmen sich verschlagen, handeln brutal – diese Filme bedienen die ganze Skala schlechter Indoktrination im Gewand der Film- und Erzählkunst. Es ist halt leicht, mit dem Wissen von heute aus der Rückschau eine Zeit zu betrachten, und es ist armselig, dies fast ausschließlich mit pädagogischen Propagandafilmen für das vermeintlich Gute zu tun; so etwas wirkt nämlich am Ende gegenteilig. Wer seine Zuschauer nicht mag, macht ihnen ein schlechtes Gewissen, denn nur in einem solchen Umfeld von Schuld und Scham der anderen kann das eigene vermeintlich Gute erstrahlen – so glauben es die „Kulturschaffenden” jedenfalls seit 70 Jahren. Dabei entfernen sie sich damit meilenweit vom Guten, weil das Böse als Karikatur das echte Böse nicht mehr erkennen lässt.

Heute wissen wir, wie sich Menschen in verändernden Zeiten verhalten: du bemerkst zwar diese Veränderungen in der Umgebung des Zusammenlebens, kannst nicht mehr alles sagen, wirst still und manche Leute entwickeln sich zu begeisterten Blockwarten, aber eigentlich ist kaum etwas konkret fassbar. Ideologie steht über Herz und Verstand. Da allerdings die Zukunft stets ein „unentdecktes Land” der Gegenwart ist, bleibt das Leben im Grunde selbst im größtmöglichen surrealen Raum meist das, was es ist: je nach Charakter des Einzelnen versucht man sich da irgendwie durch zu lavieren. Es kennt ja keiner die nächste Gegenwart, wenn sie noch verborgen in der Zukunft liegt.

Genau diesen Eindruck erschafft die Regisseurin des Films, Maggie Peren, indem sie nur einen winzigen Ausschnitt jener Zeit in einer Geschichte erzählt. Wahrscheinlich deswegen erhielt sie natürlich die ersten negativen Kritiken der ewig gestrigen Kultur-Schickeria des deutschen Feuilletons. „Der Passfälscher” ist zwar kein leichter oder beschwingter Film, doch er versucht die Unbeschwertheit der Jugend darzustellen, die selbst in der größten Dystopie besteht und einfach das sein möchte, was sie ist: Leben.

Mit einfachsten technischen Mitteln wird visuell ein kleiner Mikrokosmos jener Zeit erschaffen, der gerade in seiner Schlichtheit überzeugt. Dazu agieren die Darsteller wie Bekannte aus dem eigenen Umfeld eines jeden Zuschauers. Es gibt keinen bösen Blick, nicht die schiefen Gesichtszüge oder die verhärteten Minen der Nazis. Der Film verzichtet auf die Darstellung von Brutalität. Die Mitläufer verhalten sich ambivalent. Und die Hauptdarsteller, allen voran Louis Hofmann, erschaffen ganz normale Menschen jener Zeit, die versuchen, mehr oder weniger angepasst an den ihnen ungefragt übergestülpten Zeitgeist, eine größtmögliche Normalität aufrecht zu erhalten, selbst wenn um sie herum die Stadt langsam in Schutt und Asche fällt.

Das passt zur realen Person des Cioma Schönhaus, für den nach seiner Flucht in die Schweiz das damalige Leben weiterging. Er hätte Grund genug gehabt, an dem, was seiner Familie angetan worden war, seelisch zu zerbrechen (seine gesamte Familie wurde umgebracht), trotzdem lernte er seinen Beruf zu Ende und wurde Vater von 4 Söhnen. Er starb im Alter von 92 Jahren.