Letzte Nacht habe ich mir seit langer Zeit mal wieder den besten Episodenfilm aller Zeiten angeschaut; „Night On Earth”. Wie oft ich ihn gesehen habe, kann ich nicht mehr zählen. Obwohl sein Erscheinungsjahr mit 1991 angegeben ist, hatte ich die erste Episode bereits 1989 oder 90 gesehen und zwar zusammen mit „Down By Law” desselben Filmemachers in einem Programmkino in Köln. In den 1990ern kaufte ich den Film auf DVD. Seit Mitte der nuller Jahre wurden diese Geräte dann aber bei mir ausgemustert. Die DVD-Sammlung benutzte ich nur sehr selten, eben für diesen Film zum Beispiel, und dafür schloss ich extra ein kleines USB-Laufwerk an einen Rechner an. Meistens jedoch lade ich mittlerweile den jeweils ausgesuchten Film aus dem Regal schnell im Internet herunter und füge ihn anschließend dem digitalen Filmarchiv hinzu. Zeitlich ist es in etwa genauso schnell, einen Film aus dem Netz zu laden wie das Holen der DVD aus dem Regal in der Diele, dem Anstöpseln des Laufwerks und dem Einlesen der DVD. Was ich eigentlich sagen möchte bzw. worauf ich hinaus will, ist jedoch etwas anderes: bisher besaß ich den Film also neben der DVD auch als eine rund 2 GB große Filmdatei. Das war die normale Kopie der DVD. Gestern nun guckte ich nur mal so interessehalber in die Internet-Datenbank, suchte den Film und siehe da, ihn gibt es inzwischen remastered in hoher Auflösung und in einer sagenhaften 10-GB-Größe.
Lohnt sich das?, lautete meine Frage an mich selber. Ich lud ihn herunter und verglich beide Versionen – Wow! Ein Unterschied wie zwischen Tag und Nacht. Ein wunderbares Filmerlebnis.
Nebenbei erwähnt: Es spielen viele bekannte Darsteller in den einzelnen Episoden. Der Film beginnt mit Winona Ryder und Gena Rowlands, wobei Winona Ryder noch ein Kind war. 20 Jahre alt, wenn man das Erscheinungsjahr des Filmes zugrunde legt; da ich diese Episode aber definitiv ein oder zwei Jahre vorher schon gesehen habe, war sie bei den Dreharbeiten höchstens 18 oder 19 Jahre alt, was man besonders an der hochauflösenden Filmversion auch deutlich sieht.
Jedenfalls war das wieder ein einmaliges Erlebnis. Es gibt ein paar ganz wenige Filme und Serien, die man tatsächlich nicht oft genug ansehen kann. Sie verlieren nichts von ihrer Kraft. Du kannst zum Beispiel auf der Diskussionsseite bei Wikipedia nachlesen oder ebenso in diversen Foren, wie Leute diesen Film abwerten, da sie nicht verstehen, wieso er denn so rein überhaupt keine Handlung oder Entwicklung zeigt. Keine Pädagogik ist für junge Deutsche heutzutage ja meistens schwer zu ertragen. Wenn sie in einem Theater ganz alleingelassen werden mit dem Stück, was soll’n sie dann nur tun? Selber denken, selber fühlen, selber begreifen? All das, all so schlimme unwoke Sachen ohne Anleitung? Geht ja nun gar nicht. Und genau deshalb sind diese Filme aber auch zeitlos.
Denn die Welt hat sich in den letzten 30 Jahren bis zur Unkenntlichkeit verändert, doch die Episoden in „Night On Earth”, in denen jeweils das Blitzlicht einer Spontanaufnahme die Protagonisten mitten in ihrem Leben erhellt und sie für einen Augenblick für uns Zuschauer zum Zentrum des Interesses auswählt, bevor sie wieder ins Schwarz der Nacht entschwinden, ohne dass irgendein Ziel, eine Entwicklung, eine Idee stattgefunden hätte – wir wissen nicht, wohin sie gehen und was aus ihnen wird – das ist so aktuell wie eh und je und wurde vom Regisseur, Jim Jarmusch, geradezu magisch umgesetzt. Dabei liegt der Sinn für die Zuschauer direkt vor ihren Augen. Es werden Menschen gezeigt, die geradeaus „ihr Ding machen”, die sind, wie sie sind, ohne dass sie ihr Sein hinterfragen oder in Zweifel ziehen. Und ihre jeweiligen Gegenüber staunen angesichts dieser Unverbogenheit aber nehmen den anderen schlussendlich so, wie er ist. Ohne Wertung, ohne Versuch, ihn zu verändern. Das ist wahrhaftige Toleranz. Wir sind alle Individuen und leben unsere Schrulligkeiten und Eigenheiten, weil wir eben sind, wie wir sind. Das zeigt der Film in zauberhafter humoristischer Art und Weise.
Wenn ich jetzt abschließend noch verrate, dass Tom Waits die Filmmusik schrieb und auch zu Beginn singend zu hören ist, wird die Magie des Films vielleicht verständlicher.
Also falls du irgendwie an diesen Film herankommst (keine Ahnung, ob er irgendwo gestreamt wird), dann kann ich ihn dir nur wärmstens empfehlen.