Novembersturm

90 Prozent der Dinge, die ich in die neue Wohnung mitnehmen wollte, wurden heute rübergekarrt. Mein unendlicher Dank gilt den Helfern (B., S., A. und R.), ohne die ich tatsächlich komplett aufgeschmissen gewesen wäre. Es kam am Rande noch zu unschönen Begebenheiten, die um ein Haar den Umzug verhindert hätten, der aber ebenfalls durch die tatkräftige Unterstützung von B. und S. allen Widrigkeiten zum Trotz geradeaus und konsequent zu Ende geführt werden konnte. Danke! Danke! Danke! Die bloßen Worte bringen nicht ansatzweise das tiefe Gefühl meiner Dankbarkeit zum Ausdruck. Wäre ich reich, ein Millionär, so würde ich die Helfer mit Gold und Geschmeide überhäufen. Man hat ja manchmal den Wunsch, jemandem, der einen „komplett aus der Scheiße gehauen hat” (ich finde, das ist trotz derber Sprache die treffendste Bezeichnung für so manche Rettungsaktion durch anderen Zeitgenossen), eine Badewanne voller Glück zu schenken – wenn man denn Herr über das Schicksal wäre oder darauf wenigstens Einfluss besäße.

Wie dicht beieinander das Schicksal oft ganz willkürlich Positives sowie Negatives verteilt, erfuhr eine weitere Helferin, die mitten im Umzug erfahren musste, dass ihre Schwester an Lungenkrebs erkrankt ist. Für sie brach heute die Welt zusammen – für mich war derselbe Tag von Erfolg gekrönt. Wie ungerecht das Schicksal seine Gaben verteilt, darüber kann man, kann ich, nur fuchsteufelswütend werden.

Deshalb möchte ich jetzt auch nicht zu sehr auf mein unverdientes Glück eingehen, es gar in allen Einzelheiten hier zelebrieren. Der Umzug ist fast zu Ende, alles, was jetzt noch folgt (ein bisschen Packerei in aller Ruhe mitsamt einer einmaligen Fuhre nächste Woche), sind Kleinigkeiten im Vergleich zu dem Berg der Herausforderung, der sich noch heute Morgen vor meinen Augen auftürmte.

Bis hierher soweit vielleicht ein wenig kryptisch die Zusammenfassung des heutigen Tages. Jetzt gehe ich zur Arbeit, radle in den Sturm der Nacht. Ungemütlich? Ja, schon, aber als vorübergehendes Naturspektakel live draußen miterlebt, das hat schon einen mächtigen Reiz. Slalom fahren und gehen zwischen den herabregnenden Baumästen. Sorge oder Angst, davon in Mitleidenschaft gezogen zu werden? Nicht die Bohne! Meine Seele liebt den Sturm, kehrt er doch das Innerste nach außen und ist zudem das Spiegelbild des heutigen wie wahnsinnig gewordenen Schicksals.

Sei gut behütet und genieße jeden Tag, als sei’s dein letzter. Die ganze Strampelei des Lebens ist vollkommen unwichtig und wertlos, was zählt, ist alleine der Moment. Auch dieser Satz klingt furchtbar kitschig, wie dieser Tage schon einmal, doch genau das ist es, was ich dir von Herzen wünsche: einen glücklichen Tag.