Serientipp: True Detecktive – Night Country

Hachja, erst einmal musste ich dringend die 4. Staffel „True Detective” zu Ende schauen.

Inneres Ich: „Und? Wie fanst’es so?”

Tja, eigentlich bin ich der Falsche, den man dazu fragen kann, denn ich sehe diese Serie komplett gegensätzlich als fast alle anderen Filmkritiker. Allgemein wird überall geschrieben, die 1. Staffel sei mit Abstand die Beste gewesen und die 2. Staffel die schlechteste (auch dieses „mit Abstand” wird überall unterstrichen). Das möchte ich so nicht stehenlassen, denn für mich war die 2. Staffel die – Achtung: mit Abstand – beste Staffel, gefolgt von der neuesten 4. Staffel. Denn in der 2. Staffel wurde eine gelungene morbide Grundstimmung erzeugt, die ich ähnlich empfand wie bei Taylor Sheridans Serie „Mayor of Kingstown”. Die 4. Staffel nun verbreitet ebenfalls eine fremdartige Grundstimmung, ein Gemisch aus Morbidität und Mystik. Eher an ihren Leben bzw. an den Berufen gescheiterte Personen geben sich vor dem Hintergrund einer angedeuteten nordischen Sagen- oder Mythenwelt ein Stelldichein. Diese morbiden Atmosphären der 2. sowie der 4. Staffel machen für mich das Besondere dieser Serie aus, nicht aber der vordergründig geschilderte Kriminalfall.

Betrachte ich die Staffeln nur rein logisch, so müsste ich den Kritikern zustimmen: der Mordfall der 1. Staffel ist komplexer als alle anderen der weiteren Staffeln. Ich befürchte aber, dass beispielsweise das Lob der 1. Staffel allein der Sensationsgier für das Böse geschuldet ist (ähnlich wie bei „Hannibal Lecer”), das der 3. Staffel hauptsächlich mit dem Rassismus der amerikanischen Südstaaten zu begründen ist und das den Zuschauern zeigen soll, wie er sich bis in die 1960er Jahre aufrecht erhalten konnte. Das große („mit Abstand”) Lob scheint mir also vornehmlich politisch begründet zu sein. In der nun 4. Staffel wird erneut dasselbe Muster verwendet, allerdings tauscht der Rassismus als Grundtenor mit der Mystik, die heutzutage ebenfalls modern und angesagt ist, seinen Platz. Natürlich sind die wirklich Bösen die Kapitalisten, deren Firma mächtig und unangreifbar erscheint, da Politik und Polizei allesamt von ihr gekauft wurden und sie ihr Geld auf Kosten der Ureinwohner erzielen kann. In dieser Hinsicht bleibt die Intention genauso billig wie bei der 3. Staffel, in der letztlich ebenso alle Menschen von der Macht eines bösen reichen Plantagenbesitzers, Industriellen und Lokalpolitikers korrumpiert wurden. Also insgesamt wird bei „True Detective” immer penibel darauf geachtet, einem modernen, woken, linken Publikum genug Stoff zu bieten, der ihre naive Schwarz-Weiß-Weltsicht untermauert.

In der 4. Staffel tritt dies aber klar in den Hintergrund und es wird vielmehr versucht, das Publikum der angesagten Mystery-Serien und Filme zu unterhalten. Das ist gar nicht schlecht gemacht, finde ich, da damit nicht übertrieben wird. Obwohl dies arg auf Kosten des Kriminalfalls geht, denn hierzu fehlt der Staffel eine Menge. Fast erscheint das Ende bzw. die Auflösung wie zum Schluss einfach mit einem Hefter angetackert. Viele Dinge bleiben im Dunkel oder einfach unerwähnt, was mein Interesse an dieser Staffel nicht befriedigt. Aber – es folgt ein großgeschriebenes ABER – die 4. Staffel punktet enorm durch ihre Schauspieler und durch die wunderbaren Bilder einer dunklen Eislandschaft am Polarkreis. So etwas habe ich dann bisher auch noch nicht gesehen. Es fasziniert und erklärt schließlich die allgemeine Depression der Menschen des Nordens. Ein halbes Jahr ohne Sonnenlicht, das macht schon etwas mit denjenigen, die jahrelang dem ausgeliefert sind. Natürlich: es ist Hollywood und die Serie ist für ein westliches Publikum erschaffen, da wird auf das Seelenleben der Ureinwohner kein bisschen eingegangen. Nur von unserer westlichen Zivilisation assimilierte Hauptdarsteller der Ureinwohner dürfen vorkommen, echte Ureinwohner bleiben Statisten, die lediglich den Rahmen der Geschichte ausschmücken. Naja, schaue dir diese 4. Staffel selber an, sie lohnt allemal.

Abschließend die Gesamtbewertung der Staffeln aus meiner Sicht in „Georg-Punkten”:

Staffel 1 = 7 Punkte
Staffel 2 = 9 Punkte
Staffel 3 = 7 Punkte
Staffel 4 = 8 Punkte