Von der Wehrpflicht zum Freiheitsdienst für alle

Wir schütteln bekanntlich seit Jahrzehnten den Kopf, wenn wir hin und wieder (viel zu selten) einen Blick in George Orwells Roman „1984” werfen und dann die prächtigen Umdeutungen der Begriffe lesen wie etwa „Krieg ist Frieden” und so weiter. Das sei in den modernen aufgeklärten Zeiten allerdings nicht mehr möglich, glauben viele Zeitgenossen.

Nun kommt das Kati von den Grünen um die Ecke und fordert angesichts der Debatte um die Wiedereinführung der Wehrpflicht einen „Freiheitsdienst”. Und zwar für alle zwischen 18 bis 67 Jahren. [Link zum Artikel im „Spiegel”] George Orwell ist anscheinend noch immer der beste Lehrmeister der heutigen Linken, denn darauf muss man erst mal kommen: Wehrpflicht = Freiheitsdienst.

Aber abgesehen von der sprachlichen Umdeutung, so muss ich dennoch schmunzeln und ihrem Vorschlag der Alterszugehörigkeit für diesen „Freiheitsdienst” ausdrücklich zustimmen: Wenn (!) schon eine Wehrpflicht, dann bitteschön auch für alle im beruflichen Alter. Denn ich kann das großspurige Gesabber meiner Altersgenossen, eine Wehrpflicht fördere die Charakterbildung der jungen Leute, kaum noch ertragen. Es wird ja nur von jenen vorgebracht, die davon altersbedingt ausgeschlossen sind. Mal sehen, wie empört sie reagieren, wenn auch für sie ein Zwangs-Freiheitsdienst eingeführt werden soll. Das wird lustig.

Wer arbeiten muss bis 67, ob auf Krücken oder am Rollator, der kann auch für die Gemeinschaft irgendwelche „Freiheitsdienste” übernehmen. Andernfalls würde mit zweierlei Maß gemessen, nicht wahr?

Natürlich wird es nicht so weit kommen. Den „Volkssturm” hatten wir schon mal und er hat sich als äußerst ineffektiv erwiesen; dennoch finde ich die Diskussion über eine Verpflichtung „für alle” durchaus reizvoll. Das große Maul der Alten wird dadurch etwas leiser. Und vielleicht erleben wir in der Folge ja auch ein wenig mehr Selbstreflektion der Alten, mehr Nachdenken, bevor man spricht, mehr überlegen, bevor an der Wahlurne die Stimme abgegeben wird. Das wäre ein Gewinn.

In diesem Sinne: Die nächsten Nachtschichten stehen an. Nachdenken bis Dienstag ist sozusagen angesagt. Gehab dich wohl.

2 Kommentare
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Pia
Gast
Pia
1 Monat zuvor

Ich bin ja hier immer stille Mitleserin, nur immer zu faul zum Kommentieren.
Man hat seit geraumer Zeit, das Gefühl, dass die Politiker nur noch damit beschäftigt sind ihre Macht zu erhalten oder sie überhaupt erst einmal zu bekommen.
Dieses „Schaden vonm deutschen Volk“ abzuwenden, ist ja auch schon längere Zeit aus der Mode gekommen.
Und tatsächlich rege ich mich täglich über diesen Freiheitsdienst auf.
Schon „Freiheit“ mit „Dienst“ in Verbindung zu bringen, halte ich für skandalös, abwegig etc.
ich kann gar nicht so viel essen , wie ich k.t.en könnte.