Krieg und Frieden

Neben dem Umweltschutz war der Pazifismus die zweite tragende Säule der Grünen. Ohne Petra Kellys bedingungslosen und konsequenten Einsatz gegen jede Unterstützung von Kriegen wäre die Gründung der grünen Partei 1980 nicht möglich gewesen. Dabei erinnere ich mich noch gut an damalige Talkshows, in denen sie ihren Pazifismus gegen eine Mauer aus „Realisten” der anderen Parteien verteidigte: Sie stand stets alleine da. Ich selber vergleiche mich nicht mit dieser klugen und starken Frau, doch ich verstehe die Ohnmacht, die einen befallen kann, wenn man alleine nur von diesen schreienden und wütenden kalten Kriegern umgeben ist. So fand ich mich nämlich vor der Kommission der Bundeswehr wieder, in der ich stehend vor einer Reihe Tischen, an denen uniformierte alte Soldaten saßen, meine Weigerung, den Wehrdienst wahrzunehmen, erklären musste und auf so bescheuerte Fragen antworten sollte, was ich denn täte, wenn meine Freundin vergewaltigt werden würde und ich mit einer Waffe in der Hand daneben stünde. Seinerzeit war ich 17 Jahre alt, naiv und intellektuell nicht in der Lage, auf eine solche Dummheit überhaupt adäquat zu reagieren, weshalb ich schon damals die Klugheit und Beharrlichkeit der Petra Kelly bewunderte, wenn ich diese Frau nicht sogar heimlich dafür verehrte.

Es dauerte keine 20 Jahre und aus den grünen Pazifisten wurde (vor allen Dingen getrieben durch Joschka Fischer) eine Partei des Militarismus. Heute feiert der Krieg in breiten Teilen der Bevölkerung ein Comeback. Das ikonenhafte Bild von Käthe Kollwitz, die ihren Sohn im 1. Weltkrieg verloren hatte, wirkt dabei als Mahnung aktueller denn je. „Nie wieder Krieg!” – doch man möchte dieses Bild nicht mehr sehen (müssen), es ist aus der Medienlandschaft beinahe verschwunden und droht, vollständig in Vergessenheit zu geraten.

Käthe Kollwitz und Petra Kelly befanden sich zu ihrer Zeit allein auf weiter Flur. Sie hatten die Medien und die Politik gegen sich, doch vertraten unbeirrt den Pazifismus. Das war und bleibt bewundernswert, selbst in dem Wissen, dass dieser Pazifismus ein Ideal darstellt, das realistisch nicht zu erreichen ist, da das Böse nun mal ebenso existiert, ob man es wahrhaben möchte oder nicht. Und dennoch bedeutet die Existenz des Bösen nicht, dass die Ausnahme zur Regel werden darf. Und es kommt immer darauf an, wer entscheidet, wer oder was das Böse ist, denn mitunter sind diejenigen, die mit ihren Fingern darauf zeigen, jene, deren eigene Hand mit 3 Fingern auf sie zurück zeigen.

Anfang der 1980er Jahre waren die Grün-Wähler die Gebildeten der Bevölkerung. Mittlerweile wird die Partei vom ungebildeten Mob der Straße gewählt. Heute ist in der Bevölkerung zwar nicht der Pazifismus, so doch der Unwille, sich in Kriege einzumischen, die uns Deutsche nichts angehen, noch mehrheitlich vorhanden. Der Militarismus ist trotzdem wieder auf dem Vormarsch und die Kriegsverherrlicher der Grünen stehen hierbei allen voran: In der aktuellen INSA-Umfrage erweisen sich die Grünen-Anhänger als die schlimmsten Kriegstreiber von allen.