Die letzten Stunden habe ich damit verbracht, endlich eine Notfalltasche zu packen. Das will ich seit zwei Jahren schon machen, hab’s aber immer wieder aufgeschoben. Nachdem nun mein Bruder ohne irgendetwas an Klamotten im Krankenhaus gelandet war und dort tagelang nur in diesem Krankenhaus-Leibchen verbringen musste, gab das einen neuen Impuls, endlich das Packen einer solchen Tasche in Angriff zu nehmen. Eine reichte nicht, denn allein für den E-Dampfkram benötige ich die obere Tasche. Beide sind mit einem Karabinerhaken miteinander verbunden. Man kann somit nicht versehentlich nur eine Tasche mitnehmen. Jetzt bekommen sie noch ein deutliches Schild und einen Platz direkt bei der Eingangstür an der Garderobe, so dass ich zur Not, also sollten alle Stricke reißen und meine Nichten unerreichbar sein, sogar einem Taxifahrer einfach erklären kann, wo sie steht. Morgen muss ich nur noch Bargeld holen und dort deponieren (auf ein Bild klicken = größere Ansicht).
Ich hoffe ja, dass ich sie nie brauchen werde und im Falle eines Falles gleich das Zeitliche segne. Das meine ich im Ernst, trage ich doch schon lange eine entsprechende Anweisung am Körper, nämlich eine unübersehbare und unmissverständliche Aufforderung für jeden Ersthelfer, keine Reanimation durchzuführen, keine lebensverlängernden Maßnahmen einzuleiten sowie die ausdrückliche Verneinung von Organspenden jeglicher Art (andernfalls werde man zu einem lebenden Kühlschrank umfunktioniert, erklärte mir jüngst ein Arzt). Obwohl eine solche noch ausführlichere Anweisung auch in meiner Brieftasche zu finden ist, wird ja kein Notfallmediziner zuerst danach suchen. Somit wird dieses auf der Haut mit einem nicht so leicht abziehbaren Band um den Hals am Herzen getragene Dokument glasklar. Aber ich schweife ab.
Was ist drin, in der Tasche? Eigentlich gar nicht so viel. Unterwäsche, Strümpfe für ein paar Tage, 2 Jogginghosen, mehrere T-Shirts, ein Hoodie, Schuhe und eine Fleece-Jacke. Kaum Hygieneartikel, die gibt’s im Krankenhaus reichlich, würde ich sagen. Die zweite Tasche mit Dampfkram, das sind auch nur 3 Akkuträger, 4 unterschiedliche Dvarw-Verdampfer, 2 Fertig-Coiler, Wickelkram, Powerbank und Akkus samt Ladegerät, eine Pfeife und 2 „Amnis-2-Dampfen” sowie ein MP3-Player. Kein Tablet, kein Laptop. Nur 400 ml Liquid und ein paar NicShots. Schon ist die Sporttasche voll. Die Vorstellung (ich hab’s gesehen) wäre für mich der größte Horror, im Krankenhaus bei Bewusstsein untätig im Bett liegen zu müssen und auf einen stumpfsinnigen TV-Monitor zu schauen, weil sonst rein gar nichts zu tun ist. Dann doch bitteschön lieber Verdampfer wickeln.
Jaja, ich weiß, es kommt sowieso alles anders als man plant. Die beiden Taschen sollen daher auch in erster Linie nur beruhigend im normalen Alltag wirken. Ich meine, man wird nicht jünger und die Einschläge kommen immer näher. Etliche Leute sterben momentan um mich herum einfach weg. Jedes Mal erinnert mich das daran, auch demnächst an der Reihe zu sein. Das eigene Ende lässt sich schließlich nicht mehr in eine ferne Zukunft verdrängen.
Mehr kann ich allerdings nicht tun. Was letztlich außerhalb meiner Kontrolle geschieht, ist dann eben, wie’s ist.
Der heutige Tagebucheintrag wirkt ja schon ein klein wenig makaber, nicht wahr? Andererseits aber auch ziemlich realistisch. Denn wenn man – wie ich – alleine lebt, lässt sich das alles nicht auf einen anderen Menschen abschieben: „Du kümmerst dich dann bitte darum”, oder so ähnlich. Das muss ich halt schon selber tun.