Oh, ich bin ja noch das Erlebnis der letzten Folgen von “Babylon Berlin” schuldig: wieder sehr gut. Es ist herrlich zu sehen, wie es bei den Filmemachern (Buch und Regie) förmlich mit den Pferden durchgeht, denn man erkennt ihren Spaß, den sie beim Schreiben und Filmen gehabt haben müssen. Zwar wird’s ziemlich hanebüchen aber gerade deswegen ist es großes Unterhaltungs-Kino. Hallo? Es ist keine Doku oder ähnliches. Ich würde sogar so weit gehen und behaupten, “Babylon Berlin” ist die erste deutsche Serie (langer Kinofilm) überhaupt, in der vor dem Hintergrund der eigenen deutschen Geschichte keinerlei moralische Belehrung stattfindet oder dämliche pädagogische Zeigefinger vorhanden sind; unsere Vergangenheit dient einfach nur als interessante Kulisse für eine großartig inszenierte Kriminalgeschichte.
Nun also kurz zusammengefasst: Teile 1 bis 6 finde ich genial. Bisher unerreicht.
Und schwer in Worte zu fassen. Neben all der Perfektion ist dort eine einzigartige Atmosphäre vorhanden, die in der Musik, vor allen Dingen im Titelsong, ihre Entsprechung findet. Wirklich (rein subjektiv, na, was auch sonst?), ich habe bisher noch nicht so etwas Geniales gesehen.
Teile 7 und 8: Schrott.
Wurde schon beschrieben und soll jetzt hier nicht wiederholt werden, Überschrift: Derrick- oder Tatort-Müll, sie sind aber als “Ausrutscher” zu verkraften.
Teile 9 bis 16 (also die komplette 2. Staffel) wieder außerordentlich gelungen. Zwar wird hier die Genialität der ersten Folgen nicht mehr erreicht, doch bleibt es m.E. eine der besten je erschaffenen deutschen TV-Serien. Insgesamt kann es “Babylon Berlin” locker mit großen Hollywood-Produktionen aufnehmen.
Eine kleine Randbemerkung, die ich mir partout nicht verkneifen kann: Wenn ich das Gesicht von Hannah Herzsprung schon sehe und sie auch noch reden höre, dann erliege ich beinahe einem innerlichen Drang, schreiend fortzulaufen. Sie kann weder besonders schauspielern noch zwei, drei intelligente zusammenhängende Sätze reden (kenne ich aus einer Theater-Doku und diversen Talkshow-Auftritten), sie besitzt aber einen ewig leidenden Gesichtsausdruck, der zielmlich einzigartig ist. Die Rolle nun, die sie in “Babylon Berlin” einnimmt, ist ihr perfekt auf den Leib geschrieben. Es handelt sich dabei um eine recht kleine Nebenrolle als bloße Stichwortgeberin für den Hauptdarsteller und für ein paar kleinere Bettszenchen. Ein Mal darf sie auch ein wenig hüpfen (tanzen, heißt das), um zu zeigen, dass sie’s drauf hat (ist eine super gelungene kuriose Filmszene übrigens, ein echtes Highlight der Serie), doch alles andere, was von ihr zu sehen und zu hören ist, könnte auch eine geschminkte Schaufensterpuppe erledigen – man hat ihr also die Rolle einer Schaufensterpuppe gegeben, ist das nicht klasse! Relativ bedeutungslos für die Serie und: hier ließe sich sogar prima unken, nämlich dass sie, wenn sie schon unbedingt dabei sein muss, genau die Rolle bekommen hat, die ihr zusteht bzw. die ihrem Talent würdigend entspricht.
Ja, das ist fies, ich weiß. Und blöd, denn so viele Sätze für eine negative Schauspielkritik rückt alle anderen Darstellerinnen und Darsteller, die so grandios in “Babylon Berlin” spielen, automatisch in den Hintergrund. Aber kompetentes Positives über sämtliche Mimen dieser Serie wird derzeit reichlich im Internet geschrieben (auch gutes über Hannah Herzsprung, dessen bin ich mir sicher), hier liest du schließlich nur ein unbedeutendes persönliches Tagebuch und keine journalistische Filmkritik, da “darf” ich das dann, hier darf ich genüsslich fies sein.
Schönen Sonntag und freue dich auf die Ausstrahlung der Serie in der ARD.